Kreisgruppe Recklinghausen

Lichtverschmutzung als Grund für den massiven Rückgang nachtaktiver Insekten

Lichtverschmutzung RZR Herten  (W. Bischof)

                                                                                                                                

Künstliche Lichtquellen sind seit vielen Jahrhunderten ein wichtiger Teil des Alltags  der Menschen. Sie können Sicherheit in dunklen Nächten und Behaglichkeit in unseren Städten bieten. Schlecht konstruierte und ineffektive Lichtquellen haben aber inzwischen dazu geführt, dass der Nachthimmel besonders über den dicht besiedelten Gebieten der Erde so stark aufgehellt wird, dass wir in klaren Nächten nur noch die allerhellsten Sterne sehen können, dass der Biorhythmus von Menschen und Tieren gestört wird und wir daher von Lichtverschmutzung sprechen müssen. Diese nimmt weltweit jährlich um bis zu 6% zu.

Tausende nachtaktiver Insekten verenden in Deutschland pro Tag an Straßenlaternen.

Insekten orientieren sich normalerweise am Mondlicht. Ihnen reicht schon eine geringe Lichtstärke für die Futter- und Partnersuche aus. Sie fliegen im rechten Winkel zum Mond und aufgrund der großen Entfernung ergibt sich dadurch eine gerade Flugbahn.

Anders bei künstlichen Leuchtmitteln - hier führt ein rechter Winkel zum hellen Objekt zu einer Annäherung. Das Insekt umkreist es orientierungslos, bis es erschöpft verendet oder bei zu hoher Außentemperatur der Lampe verbrennt.

 

Im April 2019 stellte die Ortsgruppe Recklinghausen zu diesem Thema einen Bürgerantrag, dem auch entsprochen wurde.

 

Bürgerantrag gemäß § 24 Abs. 1 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen

Die Stadt Recklinghausen möge bei allen Maßnahmen, die die Beleuchtung von Straßen, Plätzen, Gebäuden und Skulpturen betreffen, das im Jahr 2018 erschienene Arbeitsdokument der EU-Kommission (EU green public procurement criteria for road lighting and traffic signals, data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-15852-2018-INIT/en/pdf) berücksichtigen und bei Ausschreibungen und Beleuchtungsrichtlinien der Stadt die Einhaltung der EU-Kriterien zwingend vorgeben.

Die wichtigsten EU-Kriterien sind:

  • keine Lichtemissionen nach oben über die Horizontale hinaus
  • Bodenbeleuchtung in einem 75° Winkel nach unten
  • Verwendung von Warmlicht-LED's

Begründung

Ein Beleuchtungskonzept, das sich an den Kriterien der EU orientiert, bietet einerseits:

  • mehr Sicherheit (Vermeidung von Blendwirkung und zu starkem Kontrast, bessere Flächenhelligkeit durch zielgerichtete Beleuchtung)
  • einen Beitrag zur Gesundheit (Vermeidung von ungewollter Beleuchtung von Wohngebäuden durch Straßenlaternen und Bewegungsmelder, Stichwort Melatonin)
  • stimmungsvolle Beleuchtung von Ruhebereichen, historischen Gebäuden und Skulpturen (die Verwendung von zielgerichteten Warmlicht-LED's führt zu mehr Wohlbefinden beim Menschen)
  • einen Beitrag zum Klimaschutz (Energieeinsparung durch Einsatz von LED's)
  • Kostenersparnis für die Stadt (Einsatz von LED's, effektive Beleuchtung)

Andererseits schont es auch die Natur:

Künstliches Licht erhellt den Nachthimmel und hat erhebliche negative Auswirkungen auf nachtaktive Tiere, deren Lebensräume dadurch stark beeinträchtigt oder zerstört werden können:

Nachtaktiven Insekten und Faltern reicht zur Orientierung, Futter- und Partnersuche das schwache Licht der Gestirne. Die erheblich helleren und näheren künstlichen Lichtquellen werden von Insekten umkreist, bis sie vor Erschöpfung verenden, verbrennen oder leichtes Opfer von Spinnen und Fledermäusen werden. Mit zielgerichtet nach unten leuchtenden, im besten Fall auch lichtgesteuerten dimmfähigen Lampen können die schädlichen Auswirkungen reduziert werden.

Insekten werden von weiß leuchtenden Lampen mit hohem Blauanteil besonders angezogen, am wenigsten schädlich wirkt der Einsatz zielgenauer nach unten leuchtender Warmlicht-LED's.

Singvögel verändern durch die nächtliche Dauerbeleuchtung ihr Sing- und Fortpflanzungs-verhalten und Zugvögel werden durch hell beleuchtete hohe Bauwerke und Beamer irritiert. Hier wäre zu überlegen, wo Leuchtmittel zeitweise abgeschaltet oder gedimmt werden können.

Bei privaten Beleuchtungsinitiativen könnte die Förderung von der Einhaltung der EU-Kriterien abhängig gemacht werden. Mit einem Gesamtpaket, in dem die Kriterien durch alle Beteiligten berücksichtigt werden, kann die Stadt Recklinghausen einen Beitrag gegen die immer weiter zunehmende Lichtverschmutzung leisten und somit eine Vorbildfunktion übernehmen.

Außerdem sollten sensible Bereiche wie Biotope oder astronomische Einrichtungen vor Lichtverschmutzung geschützt werden.

Zeitschaltuhren, Dämmerungsschalter und sinnvoll leuchtende Bewegungsmelder können außerdem zu insektenfreundlicher Beleuchtung, Energieeinsparung und zu unserem persönlichen Schutz vor zuviel Licht beitragen, Maßnahmen, die auch unsere Sicherheit erhöhen und so gestaltet werden können, dass sich ein behagliches und ästhetisch ansprechendes Stadtbild ergibt.

  

Vortrag zum Thema Lichtverschmutzung

Der sorglose und verschwenderische Umgang mit Kunstlicht ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet.
Dabei dient Licht nicht nur unserer Sicherheit auf Straßen, Fahrrad- und Fußwegen, sondern beleuchtet
unbeabsichtigt auch den Nachthimmel, private Bereiche und Naturräume. So ist uns der Anblick des
ungestörten Nachthimmels mit der Milchstraße schon lange fremd. Auch nehmen wir die ungewollte
Beleuchtung von Privatwohnungen klaglos hin und interessieren uns nicht wirklich für die Probleme
nachtaktiver Tiere wie Vögel, Insekten und Fledermäuse.


Mittlerweile ist die übermäßige Beleuchtung des Nachthimmels als Problem erkannt und hat als
schädliche Umwelteinwirkung unter dem Begriff "Lichtverschmutzung" Eingang ins
Bundesimmissionsschutzgesetz gefunden. Wie viele andere Emissionen schadet Kunstlicht einer
Vielzahl von Lebewesen und der Mensch ist darunter nicht an letzter Stelle zu nennen.

Der Vortrag von Sven Wienstein informiert über die zahlreichen schädlichen Einflüsse
übermässiger Beleuchtung. Zusätzlich werden aber auch Hinweise zur Umsetzung effizienter
und nachhaltiger Beleuchtung gegeben, die für jede*n Bürger*in sehr leicht und kostensparend
umsetzbar sind und die darüber hinaus die berechtigten Sicherheitsaspekte berücksichtigen.

Die Tipps des Vortrags um Lichtverschmutzung finden Sie hier.